Ukraine Krieg - wie bespricht man das mit Kindern?
Diese und viele weitere Fragen stellen sich zurzeit für viele Eltern angesichts der kriegerischen Handlungen in der Ukraine. In allen Medien werden selbst wir Erwachsenen mit vielen Bildern, Diskussionen und Einschätzungen konfrontiert, die uns emotional treffen und beschäftigen.
Nach zwei Jahren Pandemie, die auch schon große psychische Herausforderungen für Familien bedeutet hat, ist nun wichtig, dass Eltern weiterhin auf ihre Kinder stabilisierend einwirken können und ihnen vermitteln, dass sie sicher an ihrer Seite sind. Dies können Eltern erreichen, wenn sie ihren Kindern einen altersentsprechenden gelungenen Austausch "anbieten".
Leichter gesagt als getan: wie verständlich ist die eigene Verunsicherung im Umgang mit den Kindern, wenn Eltern selbst geängstigt und in Sorge sind oder gar eigene Kriegs- und Fluchterfahrungen gemacht haben. So unterschiedlich Eltern sind, reagiert auch jedes Kind anders. Deshalb kann es auf die vielen Fragen keine pauschalen Antworten geben, aber dennoch einige allgemeine Empfehlungen.
Sollten Eltern aktiv ihr Kind mit dem Thema konfrontieren?
Viele Kinder haben Fragen zum Geschehen in der Ukraine. Sie haben vielleicht Bilder im Fernsehen oder in Zeitungen gesehen. Manche können ihre Fragen und Ängste direkt ausdrücken. Andere brauchen vielleicht nur etwas mehr Zeit, um sich mitzuteilen. Hier sollte ein Gespräch dem Kind nicht aufgezwungen werden, vielmehr sollten Eltern darauf achten, ob das Kind Signale sendet bzgl. möglicher Verunsicherung oder Ängste. Kinder sollten auf jeden Fall wissen, dass ein Gespräch darüber möglich ist, dass Eltern dafür offen sind. So könnte man Kinder z.B. ansprechen: "Du wirkst bedrückt, traurig…Ich habe das Gefühl, dass dich etwas beschäftigt…".
Wenn sich Eltern durch eigene Belastungen dazu zurzeit nicht in der Lage sehen, können andere vertraute Bezugspersonen der Kinder dies übernehmen. Denn es ist wichtig, dass sich Kinder mit ihren Fragen und Ängsten von Erwachsenen angenommen fühlen und gestärkt werden.
Wie sollten Eltern mit Ängsten der Kinder umgehen?
Kinder wollen mit ihren Gefühlen ernst genommen werden - egal wie alt sie sind. Deshalb sollten Ängste nicht "kleingeredet" oder die Beschäftigung mit dem Thema unterdrückt werden ("Das verstehst du eh noch nicht…").
Wichtig ist vielmehr nachzufragen, was genau Sorgen bereitet oder auch traurig macht und den Kindern erstmal gut zuzuhören. Allein dadurch fühlen sich Kinder oft schon verstanden und angenommen - und auch schon ein wenig getröstet. Dafür braucht es Raum und Zeit!
Wenn Kinder dies möchten, könnten Eltern ihnen darüber hinaus noch vorschlagen, ihre Gefühle in Bildern, Geschichten oder auch mit ihnen im Spiel auszudrücken. Auch das hilft zum Beruhigen und Verarbeiten.
Gemeinsam Ideen sammeln, wie sie mit den belastenden Gefühlen umgehen können, stärkt sie darüber hinaus und gibt ihnen das Gefühl zurück, selbst wirksam zu sein.
Eltern können, solange sie ruhig und emotional gefasst damit umgehen, die eigene Besorgnis angesichts des Krieges auch mitteilen. Sie sollten aber auch altersentsprechend erklären, was ihnen als Erwachsene Halt und Sicherheit gibt. Wichtig bleibt dabei, den Kindern zu vermitteln, dass sie selbst jetzt nicht in Gefahr sind und die Eltern bei all dem sicher an ihrer Seite sind! Auch Gespräche darüber, was alles getan wird, um den Menschen im Kriegsgebiet und den Geflüchteten zu helfen, kann für Entlastung sorgen. Altersentsprechende Überlegungen, was Eltern und Kinder selbst tun können, tun ein Übriges dazu, sich wieder gestärkt zu fühlen.
Und wie sollten Eltern den Krieg in der Ukraine erklären, wenn ihre Kinder danach fragen?
Eltern sollten das Interesse ihrer Kinder ernst nehmen und mit ihnen im Gespräch bleiben. Dabei dürfen sie ihnen auch zeigen, wenn es auch für sie als Erwachsene nicht ganz einfach ist, diese schwierige Situation zu verstehen.
Informationen und Erklärungen sollten sachlich und für das jeweilige Kind passend sein: je nach Alter, Entwicklungsstand, emotionaler Ausgeglichenheit und intellektueller Auffassungsgabe. Das Internet und die Medien bieten zurzeit eine Flut an Informationen - vieles davon ist aber für Kinder nicht geeignet. Sie verstehen vieles noch nicht, können bestimmte Sachverhalte nicht einordnen und werden von Bildern oder Videos von Gewalt und Krieg überfordert. Dies kann auch passieren, wenn Kinder sich gegenseitig Bilder oder Videos zeigen oder zuschicken.
Altersgerechte Formate für Klein-und Vorschulkinder, für Schulkinder und für Jugendliche, die Eltern mit ihren Kindern anschauen können, finden sich z.B. bei:
- https://www.schau-hin.info/news/krieg-in-der-ukraine-kinder-mit-nachrichten-nicht-allein-lassen
- https://www.zdf.de/nachrichten/politik/kinder-erklaert-ukraine-krieg-100.html
- https://www.wdrmaus.de/extras/mausthemen/ukraine/index.php5
- https://kinder.wdr.de/tv/neuneinhalb/av/video-konflikt-in-der-ukraine--was-ist-da-los-100.html
- https://kinder.wdr.de/tv/neuneinhalb/av/video-warum-gibt-es-krieg---was-man-fuer-den-frieden-tun-kann---102.html
- https://www.flimmo.de/redtext/101380/Krieg-in-Europa
Informationen zur aktuellen Situation werden leicht verständlich und kindgerecht auch in verschiedenen Kindernachrichtensendungen dargestellt, wie z.B. bei:
- Kinderradio KiRaKa (kinder.wdr.de)
- https://www.zdf.de/kinder/logo
Mit Schulkindern und Jugendlichen können Eltern alle Fakten sammeln und so jenseits von Fake-News ein relativ geordnetes Bild der Situation schaffen. Auch Schulen sollten hier eine Plattform sein, wo Kinder und Jugendliche dieses Ereignis reflektieren können.
Fazit
Wir können Kinder und erst recht nicht die Jugendlichen von den Geschehnissen in der Ukraine ganz abschirmen - und wir sollten es auch nicht! Der Krieg ist leider Teil unserer Lebensrealität geworden. Was wir aber tun sollten, ist, mit den Kindern altersentsprechend umgehen, sie mit ihren Gefühlen ernst nehmen, ins Gespräch kommen, sie beruhigen und ihnen Sicherheit geben. Seriöse und sachliche Informationen (dosiert je nach Alter) helfen Kindern und Jugendlichen, mehr zu verstehen. Und wer mehr versteht, hat am Ende meistens weniger Angst!
Nicht zuletzt: altersgerecht aktiv etwas zu tun, wie z. B. ein Bild malen zum Gedenken an die Betroffenen, an sie zu denken, zu beten oder eine Kerze anzuzünden, etwas zu spenden oder auch an Solidaritätsbekundungen teilzunehmen, hilft gegen Gefühle von Ohnmacht.
Frieden und Freiheit sind (leider) keine Selbstverständlichkeit - wie gut, wenn wir mit unseren Kindern auch darüber sprechen, was wir für Frieden und Freiheit tun können!
Text: Claudia Radermacher-Lamberty, Diplom-Psychologin in der Caritas Familienberatung Aachen